Mercedes-Benz W 25 (1934 bis 1936)

  • Fahrzeug prägt die Bezeichnung „Silberpfeil“
  • Über drei Jahre erfolgreich für die Marke am Start
  • Rekordversion für Hochgeschwindigkeitsfahrten

Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise, die Werksrennabteilung von Mercedes-Benz geschlossen: Das Jahr 1932 ist kein günstiger Hintergrund für Motorsport-Aktivitäten in Deutschland. Doch es gibt eine Perspektive für die Zukunft. Denn im Herbst gibt die Motorsportbehörde AIACR (Association Internationale des Automobile Clubs Reconnus) in Paris eine neue Formel für den Grand-Prix-Rennsport bekannt, die 1932 formuliert wird und ab 1934 in Kraft tritt: Die Wagen dürfen ohne Kraftstoff, Öl, Kühlmittel und ohne Reifen maximal 750 Kilogramm schwer sein, ansonsten sind den Konstrukteuren keine Grenzen gesetzt. Ein Höchstgewicht mag mit Blick auf heutige Rennformeln verwundern, die ein Mindestgewicht fordern. Mit der 750-Kilogramm-Formel möchte die AIACR die Geschwindigkeiten der Boliden im Vergleich zur vorherigen Rennwagen-Generation begrenzen. Sie geht dabei von der Annahme aus, dass in einem leichten Fahrzeug nur kleine Motoren mit geringer Leistung montiert werden können. Doch die Funktionäre haben den Fortschritt der Technik unterschätzt: Allein in der Zeit der 750-Kilogramm-Formel von 1934 bis 1937 verdoppelt sich bei den Mercedes-Benz Rennwagen die Motorleistung.

Bei Mercedes-Benz fällt 1933 endgültig der Entschluss zur Entwicklung eines eigenen Rennwagens – Rennleiter Alfred Neubauer hat mit seinem anhaltenden Werben für den Wiedereinstieg in den Rennsport Erfolg. Allerdings haben sich auch die Rahmenbedingungen für den Motorsport in Deutschland mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten geändert: Die NS-Regierung will die Automobilwirtschaft mit Nachdruck fördern, eignet sich die bereits bestehenden Projekte zum Autobahnbau an, senkt die Steuern auf Neufahrzeuge und drängt die großen Hersteller zum Engagement im Motorsport. So entsteht auch für Mercedes-Benz ein neuer Konkurrent: die Auto Union mit Hauptverwaltung in Chemnitz, die im August 1932 durch den Zusammenschluss der vier sächsischen Kraftfahrzeugunternehmen Audi, DKW, Horch und Wanderer entsteht. Die Rivalität zwischen den Rennwagen mit dem Stern und denen mit den vier Ringen wird das Renngeschehen Europas in den Jahren bis 1939 prägen.

Nach dem Enschluss des Unternehmens für den Rennwagen mit der Konstruktionsbezeichnung W 25 formiert Alfred Neubauer frühzeitig das Rennteam. Einer der Fahrer, mit denen er Kontakt aufnimmt, ist Rudolf Caracciola, obwohl dieser nach einem Unfall in Monaco im April 1933 wegen schwerer Beinverletzungen Monate im Krankenhaus verbringen musste und nicht abzusehen ist, ob er rechtzeitig wieder voll einsatzfähig sein wird. Zum Team gehören außerdem die Fahrer Manfred von Brauchitsch, Luigi Fagioli, Hanns Geier und Ernst Henne.

Der neue Renner ist ein absoluter Siegertyp

Die Ingenieure um Hans Nibel, Chefingenieur im Vorstandsrang, entwickeln unter Zeitdruck einen neuen Rennwagen. Die Anordnung mit Frontmotor ist eher konservativ im Vergleich zum Mittelmotorwagen der Auto Union und früheren markeneigenen Entwicklungen wie dem Tropfenwagen von Benz. Doch die Kombination aus einer schlanken Karosserie, mechanisch aufgeladenem 3,4-Liter-Reihenachtzylindermotor, einzeln aufgehängten Rädern und Getriebe direkt auf der Hinterachse ergibt einen absoluten Siegerwagen. Bei Daimler-Benz ist Max Wagner für das Chassis verantwortlich, das Duo Albert Heeß und Otto Schilling für den Motor. In der Versuchsabteilung unter Fritz Nallinger prüft Georg Scheerer, einer der Helfer bei der Geburt der Kompressorwagen der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG), die Maschinen auf Herz und Nieren. Otto Weber baut sie zusammen, während sich Jakob Kraus um die Montage der Chassis kümmert. Bereits im Winter 1933 schwärmt Neubauer von dem eleganten Monoposto, der seine Mannschaft wieder zum Sieg tragen wird.

1934 unternimmt Mercedes-Benz von Februar an erste Versuchsfahrten mit dem neuen Rennwagen in Monza sowie auf der Autobahn zwischen Mailand und Varese. Der 320 PS (235 kW) starke Wagen (später 354 PS/260 kW mit einem neuen Treibstoffgemisch) erreicht Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 250 km/h.

Mercedes-Benz entscheidet sich beim W 25 zugleich für eine neue Karosseriefarbe: Silber. Der erste Auftritt ist für das Avus-Rennen in Berlin im Mai 1934 geplant, doch wegen technischer Probleme sagt man im letzten Augenblick die Rennteilnahme ab. Somit kommt der neue Wagen erst eine Woche später beim Internationalen Eifelrennen am 3. Juni auf dem Nürburgring zum Einsatz (Bild ganz oben: Internationales Eifelrennen auf dem Nürburgring, 16. Juni 1935). Der W 25 geht in silberner Livree an den Start, nachdem – so die Legende – die Rennboliden auf dem Nürburgring aus Gewichtsgründen zunächst ihrer weißen Farbe entledigt wurden. Zwar wird dieses Rennen nicht nach der 750-Kilogramm-Formel durchgeführt, doch will man offenbar einen Wagen präsentieren, der bereits dem neuen Reglement entspricht. Der Begriff „Silberpfeil“ wird erst später geprägt werden und sich dann im Lauf der Jahre durchsetzen.

Erster Start und erster Sieg – die Legende beginnt

Das Eifelrennen 1934 ist der erste Start und zugleich auch der erste Sieg des neuen Mercedes-Benz Formel-Rennwagens. Manfred von Brauchitsch fährt den W 25 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 122,5 km/h ins Ziel und stellt damit einen neuen Streckenrekord auf.

Weitere Siege im ersten Jahr des W 25 sind der Gewinn des Klausenrennens in der Schweiz durch Rudolf Caracciola, der Triumph von Luigi Fagioli bei der Coppa Acerbo rund um Pescara und der Sieg im Großen Preis von Italien in Monza. In Summe rund 1.300 zu durchfahrende Kurven und Schikanen machen Monza zum schwersten Termin in der Rennsaison 1934. Rudolf Caracciola ist nach seinem Unfall noch nicht fit genug, um das gesamte Rennen durchstehen zu können, und leidet unter erheblichen Schmerzen. Nach der Hälfte des Rennens übernimmt deshalb Luigi Fagioli das Steuer des Wagens mit der Startnummer 2. Der Italiener, dessen ursprünglicher Rennwagen wegen technischer Probleme frühzeitig ausgefallen war, verteidigt den von Caracciola herausgefahrenen Vorsprung bis ins Ziel. Beim Großen Preis von Spanien gewinnt das Mercedes-Benz Rennteam erneut und erzielt seinen ersten Doppelsieg: Luigi Fagioli gewinnt vor Rudolf Caracciola. Beim Großen Masaryk-Preis in Brünn kommt Fagioli als Zweiter ins Ziel.

1935: Mercedes-Benz dominiert die Saison ohne Einschränkung

Damit ist Mercedes-Benz zurück in der Spitze des internationalen Rennsports. Daran lässt auch die Saison 1934 keinen Zweifel. Auf die Erfolge des starken Gegners Auto Union antworten die Stuttgarter in der Saison 1935 mit mehreren Weiterentwicklungen des W 25. Der stärkste Motor – M 25 C – bringt nun 494 PS (363 kW) bei 5800/min aus 4.310 Kubikzentimeter Hubraum. Mit diesem Wagen dominiert Mercedes-Benz die Rennsaison 1935 fast ohne Einschränkung. Rudolf Caracciola hat zu seiner alten Bestform zurückgefunden und gewinnt den Großer Preis von Tripolis, das Eifelrennen, den Großen Preis von Frankreich, den Großen Preis von Belgien, den Grand Prix der Schweiz und den Großen Preis von Spanien. Der Chefpilot der Silberpfeile erringt damit den Titel eines Europameisters, der in diesem Jahr zum ersten Mal vergeben wird. Außerdem siegt Luigi Fagioli 1935 im Großen Preis von Monaco, beim Avus-Rennen und im Großen Preis von Barcelona (vor Caracciola).

Der 449 PS (330 kW) starke W 25 des Jahres 1936 mit einem gegenüber den vorherigen Modellen kürzerem Radstand kann allerdings nicht mehr an diese Erfolgsserie anknüpfen: In diesem Jahr gelingen Mercedes-Benz nur zwei Siege in den Großen Preisen von Monaco und Tunis, beide eingefahren von Caracciola.

Mercedes-Benz W 25, Formel-Rennwagen in der Ausführung von 1936: Kleine Lufteinlassöffnungen an der Frontmaske und vollkommen verkleidete Schwingarme an der Hinterachse.
Mercedes-Benz W 25
  • Bauzeitraum: 1934 bis 1936
  • Zylinder: R8
  • Hubraum: bis 4.740 cm³
  • Leistung:  bis 494 PS (363 kW)

Höchstgeschwindigkeit: ca. 300 km/h


Quelle und Fotos: Daimler AG

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